An einem der letzten Tage des Jahres, an denen man noch ohne Jacke draußen sitzen konnte, trafen wir uns mit Andi Müller und Julian Göttlicher auf halber Höhe zwischen Sex World, Do Brasil und dem mysteriösen indischen Imbiss. Mindestens drei ausgehbereite Gruppen schlichen in der Zeit vergeblich davor herum, um endlich das Koeri zu finden: die geheime Bar in der Sonnenstraße, für deren Standort man am besten jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt.
Wie diese Gerüchteküche entstanden ist, erzählen uns Andi und Julian.
Anfang des Jahres entschieden sich Julian Dostmann, Andi Müller und Simon Frick, die zusammen das Architekturstudio Knack bilden, der Anwalt Max Richter und Julian Göttlicher, der normalerweise bei BMW tätig ist, dazu, ohne jegliche Vorkenntnisse in dem Bereich, eine Bar zu eröffnen.

Mounir, der Besitzer des besagten Imbisses in der Sonnenstraße, war Mandant von Max und als dieser ihm anbot im Raum über dem Laden seinen Geburtstag zu feiern, dauerte es nicht lange, bis das Koeri in eben jenen Räumlichkeiten ins Spiel gebracht wurde. Aus einem spontanen Hirngespinst wurden schnell handfeste Pläne. Die Jungs waren Projekte leid, die sich nach den ersten Kostenkalkulationen zwangsläufig im Sand verliefen und so hieß die für München sehr untypische Devise: gar nicht erst nachdenken, sondern machen.
Bis März ging es für die Jungs fast täglich nach der Arbeit in die Sonnenstraße, um die ganze Nacht über daran zu arbeiten, dem Koeri seinen würdigen Anstrich zu geben. Das fing beim Wände Streichen an und ging über Bodenverlegen bis zum Einbauen der Bar. In Rekordschnelle wurde so aus dem ehemals mango-farbenen Speiseraum, eine stilsichere Bar mit Kupferelementen, die so auch in New York oder London stehen könnte.

Zur Eröffnung im März kamen dann erst mal Freunde und Bekannte. Auch in den ersten Wochen blieb es bei der Bekanntmachung über eine private Facebook-Gruppe und Mund-zu-Mund-Propaganda. Werbung oder einen öffentlichen Auftritt gibt es bis heute nicht. Trotzdem verbreitete sich die Neuigkeit wie ein Lauffeuer. Denn jeder, der einmal den Weg durch den indischen Imbiss in das obere Stockwerk gefunden hatte und jeder, der eine Nacht im Koeri getanzt hatte, während neben ihm eine Frau im Sari Samosas durch die Gegend trug, erzählte seinen Freunden davon.
Julian und Andi kannten am Anfang noch fast jeden, der den Weg zu ihnen fand, doch mittlerweile ist das Publikum viel breiter geworden, was die beiden freut: „Da steht Schlipsträger neben Punk. Techno-Freak neben Hipster und alle feiern miteinander ab. Alle Gastronomen der Stadt waren bereits im Koeri, DJ Hell und Westbam spielten dort und wollten gar nicht mehr aufhören. Aber eigentlich ist es egal, wer sich im Koeri versammelt: am Ende der Nacht nehmen alle den Geruch nach Bratfett in den Klamotten mit nach Hause.

Das, was man gerne öfters in Münchner Clubs und Bars erleben würde, ist hier der Fall: „du gehst rein, erwartest nichts und bist in einer anderen Welt.“ Wer des Nachts nur zum essen unten sitzt, bekommt möglicherweise gar nicht mit was zeitgleich oben vor sich geht. So auch zur Mittagszeit, nachdem die Spuren der Nacht beseitigt wurden, die Schnapsflaschen verstaut und die Tische rausgeholt und das Koeri für den Tag wieder in einen Speiseraum des indischen Imbiss verwandelt wurde.
Da es den Machern wichtig ist, ganz unterschiedliche Münchner DJs spielen zu lassen, bei denen man sonst selten die Gelegenheit hat, sie einen ganzen Abend lang zu hören, ist auch die musikalische Palette nicht eingrenzbar. Während unten der Kochtopf brodelt, läuft oben einmal Funk, beim anderen Mal Hip Hop oder auch Techno bis 6 Uhr in der Früh.

Das Koeri ist zum Herzensprojekt der fünf Jungs geworden, reich werden sie dadurch aber nicht. Die Finanzierung eines Urlaubs könnte man sich maximal ins Umland leisten, wie Julian sagt: „Für die Adria reichts noch nicht. Eher Berchtesgardener Land!“ An Profit denken sie aber gar nicht wirklich, sie sind froh das Koeri ohne lange zu Fackeln durchgezogen zu haben. Ihre Barmänner Marlon, Coco und Jonas stärken ihnen an jeder Ecke den Rücken und so ist es ein Gemeinschaftsprojekt geworden, von denen man den Kindern eines Tages erzählen kann: „wir hatten mal eine Bar in der Sonnenstraße!“

Bis Januar wird es das Koeri noch geben, dann wird das ganze Haus saniert und auch der indische Imbiss muss raus. Bisher gibt es noch nichts Spruchreifes, was Pläne für ein neues Konzept an einem anderen Ort betrifft. Wichtig ist ihnen nur, dass einem das gewisse Etwas sofort ins Auge springen muss, denn eine normale Bar zu eröffnen, wie es sie an jeder Ecke gibt, würde ihr Publikum nur enttäuschen. Wenn der Koeri-Crew aber genau dieses gewisse Etwas begegnet, munkelt man vielleicht schneller als gedacht, dass sich hinter dieser „alten Telefonzelle in Schwabing“, der Eingang zu einer geheimen Bar befindet.

Dieses Interview ist in Kooperation mit dem Super Paper entstanden und ist auch in der Druckausgabe vom November 2015 zu finden.


Kommentare

2 Antworten zu „Koeri“

  1. Hi Franzi, sobald wir etwas erfahren, berichten wir gleich darüber!

  2. Gibts denn schon ein neues ‚KOERI‘ ?